Die Vorfälligkeitsentschädigung

Im gesamten Darlehensbereich ist es zunächst einmal so, dass sich natürlich sowohl der Kreditnehmer als auch der Kreditgeber an die geschlossenen Darlehensverträge halten müssen. Es gibt jedoch einige Situationen, in denen von dieser Regel abgewichen werden kann. Dann muss jedoch der jeweilige "Betroffene" der "Nicht-Einhaltung" des Vertrages zustimmen. Während es seitens des Kreditgebers kaum eine Situation gibt, in welcher die Bank vom Vertrag abweicht, kommt das beim Kreditnehmer schon häufiger vor. Anlässe sind dann zum Beispiel eine Aussetzung der Kreditrate aufgrund von Zahlungsproblemen, außerplanmäßige Tilgungen oder die vorzeitige Kündigung des Darlehens. Meistens stimmt der Kreditgeber dieser Änderung des Vertrages zu, allerdings kann es durchaus sein, dass auf den Kunden Gebühren und Kosten wegen der Nicht-Einhaltung des Vertrags zukommen. Im Bereich der Immobilienkredite ist das beispielsweise eine Vorfälligkeitsentschädigung, die von den meisten Banken veranschlagt wird.

Was beinhaltet eine Vorfälligkeitsentschädigung und wann fällt die an? Im Bereich Immobilienkredite entscheiden sich viele Kunden nicht für ein variabel verzinsliches Darlehen, sondern für ein Darlehen mit einer Zinsbindung von fünf, zehn oder zwanzig Jahren. Wenn man sich für eine Zinsbindung entscheidet, dann ist natürlich nicht nur die kreditgebende Bank an diese Vereinbarung gebunden, sondern auch der Kreditnehmer. Oftmals kommt es jedoch dann in der Praxis vor, dass der Kunde höhere Zinsen im Rahmen des Kreditvertrages zahlen muss, als aktuell am Markt angeboten werden und daher seinen Vertrag vorzeitig beenden möchte. Genau an dieser Stelle stimmen die Banken der vorzeitigen Kündigung des Darlehens zwar auf der einen Seite zu, berechnen auf der anderen Seite aber fast immer eine Vorfälligkeitsentschädigung. Zum einen stellt die Vorfälligkeitsentschädigung eine Art "Strafgebühr" für die Nicht-Einhaltung der Vertragsbindung dar, zum anderen ist sie aber auch ein Ersatz von Kosten bzw. von einem entgangenen Gewinn seitens der Bank. Worin besteht dieser mögliche und nicht realisierbare Gewinn und was genau soll die Vorfälligkeitsentschädigung an Kosten ausgleichen? Die finanzielle Berechtigung der Banken eine Vorfälligkeitsentschädigung zu berechnen lässt sich an einem Beispiel erläutern. Angenommen ein Kreditnehmer hat im Rahmen eines Immobilienkredites eine Zinsbindung über fünf Jahre mit einem Zinssatz von fünf Prozent vereinbart.

Die Darlehenssumme beträgt 150.000 Euro. Nach zwei Jahren Laufzeit möchte der Kreditnehmer nun sein Darlehen vorzeitig kündigen, weil die Hypothekenzinsen am Markt nur noch bei vier Prozent liegen, also ein Prozent niedriger als der von ihm aktuell genutzte Zinssatz. Warum kann die Bank nun an dieser Stelle eine Vorfälligkeitsentschädigung berechnen? Der Kreditnehmer spart zwar durch die vorzeitige Auflösung des Darlehens Kosten, weil er ein neues Darlehen nun zu einem günstigeren Zinssatz erhalten kann. Für die Bank stellt die vorzeitige Beendigung des Darlehens jedoch einen entgangenen Gewinn dar. Denn während sie normalerweise den Darlehensbetrag noch für drei Jahre aufgrund der Zinsbindung zu einem Zinssatz von fünf Prozent hätte verleihen können, bekommt sie aktuell nur noch vier Prozent, wenn sie den frei gewordenen Darlehensbetrag nun neu verleiht. Etwas vereinfacht gerechnet hat die Bank also einen entgangenen Zinsgewinn von einem Prozent für drei Jahre auf eine Summe von 150.000 Euro (ohne Berücksichtigung der Tilgungsverrechnung) zu verzeichnen, also 1.500 Euro pro Jahr. Rein rechnerisch müsste die Bank also eine Vorfälligkeitsentschädigung von 4.500 Euro verlangen, Ob sie das in der Praxis so durchführt bleibt dahin gestellt. Sollte jedoch im Beispiel dieser Betrag verlangt werden, würde sich die Kündigung des Darlehens auch für den Kunden nicht mehr lohnen, da die Vorfälligkeitsentschädigung genauso hoch ist wie der Zins, den er durch die vorzeitige Auflösung eingespart hat.